Frischwasserstation richtig einregeln

Worauf es beim Einregeln einer Frischwasserstation ankommt

Lesezeit: 6 Min

Frischwasserstationen sind seit vielen Jahren fester Bestandteil einer hygienischen und effizienten Warmwasserbereitung. In einer Frischwasserstation wird über einen Wärmetauscher die Energie einer externen Wärmequelle im Durchlaufprinzip an die Wasserleitung übertragen. Die Primär- und Sekundärseite bleiben hierbei hydraulisch voneinander getrennt.

Dieses Verfahren wird gleichermaßen für zentrale als auch dezentrale Frischwasserstationen verwendet, die im Geschossbau immer häufiger in Wohnungsstationen eingesetzt werden.

Da die gewünschte Wärme somit in Echtzeit gradgenau bereitgestellt werden soll, müssen die Komponenten einer Frischwasserstation vor Erlangung der Marktreife sorgfältig aufeinander abgestimmt werden. Neben gründlicher Bauteileauswahl und intelligenter Konstruktion der Kompakteinheit werden hierfür auf einem Teststand Mess- und Versuchsreihen durchgeführt – die sogenannte Einregelung des Friwa-Systems.

Da dem Regler die Messwerte der nötigen Sensoren vorliegen und er zugleich die Aktoren wie etwa die Umwälzpumpe und Ventile steuert, kommt ihm die zentrale Aufgabe zu, in unterschiedlichen Situationen alle Komponenten zugunsten einer schnellen und stabilen Entnahmetemperatur zu koordinieren.

Im Ergebnis des Einregelns sollte eine marktreife Frischwasserstation stehen, die eine schnelle und stabile Zapftemperatur bei unterschiedlichen Einbausituation (z.B. unterschiedliche Wärmequellen und Systemaufbauten) sowie Zapfprofilen über die gesamte Bandbreite der vorgesehen Schüttleistungen sicherstellt.

 

Einrichtung des Friwa-Teststandes

Um die Einregelung durchzuführen, wird ein Teststand mit folgender Mindestausstattung benötigt:

  • eine Wärmequelle, z.B. ein Pufferspeicher mit ausreichender und stabiler Temperatur
  • Vorrichtungen zur Simulation des gewünschten Spektrums an Zapfmengen
  • den Prüfling, also z.B. den Prototypen der Frischwasserstation

Einige Hersteller legen Wert auf zusätzliche Messinstrumente und Aufzeichnung der Messwerte. Diese sind laut unserer Erfahrung nicht unbedingt erforderlich, da ein moderner Regler inzwischen alle erforderlichen Informationen kennt und bereitstellt, die man für die optimale Einregelung braucht (siehe Infobox).

Infobox: Die Evolution der Frischwasser-Sensorik

Die Frischwassertechnik wurde Mitte der 2000-er-Jahre populär. In den Anfängen wurden Frischwasserstationen lediglich durch einfache Temperaturregelungen mit Paddelschalter geregelt. Aufgrund der unzureichenden Regelergebnisse wurde diese Technik aber schnell weiterentwickelt. Die Abweichung der aktuellen zur gewünschten Warmwassertemperatur ist auch heute noch die Führungsgröße, die jedoch um zusätzliche Messgrößen erweitert wird. Zum Beispiel:

  • der Volumenstrom, mit dem gezapft wird
  • die primärseitig zur Verfügung stehende Wärme
  • die vorherrschende Kaltwasser-Temperatur

Eine sinnvolle Vorgehensweise bei der Einregelung

Bevor mit der Einregelung begonnen wird, empfiehlt sich eine unvoreingenommene Begutachtung der Anordnung der Komponenten in der Station. Eine ungünstige Platzierung der Sensoren in der Station oder die unpassende Auswahl von Fühlertypen können zu vielfältigem Fehlverhalten führen. Sogar erfahrene Konstrukteure und etablierte Hersteller sind hiervor nicht gefeit, denn Frischwasserstationen sind komplex. In meinen 20 Jahren Einregelungspraxis konnten hierdurch schon viele Schwachstellen frühzeitig aufgedeckt werden.

Ebenso erlebt man immer wieder, wie kleine Fehler im Testaufbau zu falschen Messergebnissen und Rückschlüssen führen. Es ist daher ratsam, nicht nur die Station selbst, sondern auch den Teststand selbst vor Beginn des Einregelns noch einmal gründlich zu prüfen. Ein neutraler Blick eines Dritten kann hierbei sehr hilfreich sein.

 

Sobald die Testreihen beginnen, sollte das erste Ziel die Ermittlung der Leistungsgrenzen des Systems sein: wie verhält es sich bei jeweils kleinen und großen Zapfmengen, sowie großer und kleiner Temperaturdifferenz zwischen Systemvorlauf und Warmwasser-Sollwert. Hierbei sind insbesondere die Pumpe bzw. das Regelventil und der Wärmetauscher von essenzieller Bedeutung.

Der Blick auf die Datenblätter reicht jedoch leider nicht aus. Eine PWM-Pumpe, die laut Datenblatt beispielsweise ab 13% dreht, erzeugt in der jeweiligen Baugruppe möglicherweise erst ab 17% einen zuverlässigen Volumenstrom. Dies kann zum Beispiel der Fall sein, wenn Schwerkraftbremsen bzw. Rückschlagklappen zu Druckverlusten führen.

Anhand dieser Eckpunkte lassen sich bereits sehr gut die wichtigsten Regelparameter voreinstellen, die schon bei Zapfbeginn oder Lastwechseln eine annähernd optimale Drehzahl bzw. Ventilposition vorhalten. Mit sorgfältig ermittelten Voreinstellungen in die Feintests zu gehen, spart erfahrungsgemäß viele Stunden oder gar Manntage Zeit – bei meist deutlich besserem Ergebnis!

 

Im letzten Schritt kann nun am Teststand noch ein Finetuning der PID-Werte vorgenommen werden, um die Warmwasser-Temperatur auch mit letzter Präzision auszuregeln. Da sich über die Jahre ein gutes Augenmaß dafür aufbaut, welcher Faktor in welcher Situation und in welcher Größenordnung die richtige Stellschraube ist, bringt auch hier eine umfangreiche Vorerfahrung einen deutlichen Zeit- und Ergebnisvorteil.

 

Troubleshooting als natürlicher Bestandteil des Einregelns

Da Frischwasserstationen komplexe Hydrauliksysteme sind, sind Soll-Abweichungen und Probleme beim Einregeln eher die Regel als die Ausnahme – genau hierfür werden die Versuchsreihen ja auch durchgeführt.

Leider sind nicht alle potenziellen Schwachstellen offensichtlich. Ein Labortest kann unmöglich alle denkbaren Zapf- und Einbausituationen simulieren, und dennoch soll er bestmöglich blinde Flecken bei den Versuchsreihen vermeiden, die später zu Kundenreklamationen führen.

Eine wichtige und keineswegs einfache Aufgabe beim Einregeln ist daher auch, Probleme überhaupt als solche zu identifizieren. Hierfür braucht es ein gutes Händchen bei der Auswahl der Testszenarien und höchste Aufmerksamkeit für Indizien, an welchen Stellen man tiefer nachhaken muss.

 

Ist ein potenzielles Problem erkannt, müssen im richtigen Moment die richtigen Fragen gestellt werden, um die eigentliche Ursache aufzuspüren. Manchmal macht ein Mix aus Glück und Bauchgefühl den Unterschied zwischen einem Durchbruch und zähem Kopfzerbrechen. Ein tiefes Verständnis der Zusammenhänge des Systems ist hierbei unerlässlich, da Ursache und Wirkung oft über mehrere Ecken miteinander verknüpft sind.

Oft stellen sich vermeintliche Probleme auch als Fehler im Messaufbau heraus. Neben der Systemkenntnis ist es ebenfalls vorteilhaft, eine gewisse Bandbreite aus Fehlerbildern und -ursachen bereits gesehen zu haben. Während man auch nach 20 Jahren Einregelpraxis von Frischwasserstationen gelegentlich noch Neues erlebt, ähneln sich viele Problemursachen auch.

 

Ist die Ursache erkannt, müssen zu guter Letzt eine Bandbreite an Lösungsoptionen generiert werden. Häufig geht es hierbei um das oben genannte Feinjustieren von Regelparametern wie etwa den PID-Werten.

Infobox: PID-Regelung

Beim Regelalgorithmus kommt heutzutage häufig ein PI- oder PID-Regler zum Einsatz. Der Proportionalteil P sorgt durch die Verstärkung der Abweichung zwischen Soll- und Ist-Wert für die richtige Reaktionsschnelligkeit. Der Integralanteil I kann eine Regelabweichung ausregeln und der optionale Differentialanteil D ermöglicht die schnelle Nachregelung bei Störeinflüssen. Durch das Zusammenspiel der P, I und D-Werte kann das Regelverhalten experimentell feinjustiert werden. [i]

Software kann auch kleinere Schwächen in Hydraulik und Hardware ausgleichen, umgehen oder abmildern. Wenn beispielsweise kleine Zapfmengen nicht realisiert werden können, weil der Regelbereich der Pumpe nicht weit genug herunter reicht, kann man dies durch besondere Betriebsarten oder durch Einsatz zusätzlicher Systemkomponenten lösen. Eine ungünstige Platzierung eines Temperaturfühlers kann notfalls durch angepasste Algorithmen intelligent umgedeutet werden usw.

Ob ein Hydraulikproblem besser konstruktiv oder über die Software gelöst werden sollte, muss im Einzelfall abgewogen werden. Um jedoch auch softwareseitige Lösungsansätze in die Auswahl einbeziehen zu können, ist eine enge Zusammenarbeit mit dem Reglerhersteller in jedem Fall empfehlenswert bis hin zum gemeinsamen Einregeln.

 

Der Blick in die Zukunft der Frischwasserregelung

Frischwasserregler haben seit Aufkommen zentraler und dezentraler Frischwasserstationen eine sehr dynamische Weiterentwicklung erlebt und inzwischen einen sehr guten Stand der Technik erreicht. Dennoch sind weitere Evolutionsstufen denkbar.

 

Selbstlernende Systeme entsprechen der allgemein wachsenden Bedeutung von künstlicher Intelligenz und bieten auch für Frischwasserstationen interessante Ansätze. Wir bei SOREL haben bereits im Jahr 2016 mit dem Fraunhofer Institut erste Forschungsarbeiten an neuronalen Netzwerken aufgenommen. Neben den Potenzialen und dem allgemeinen Hype erfordert der Einsatz selbstlernender Systeme jedoch auch eine sorgfältige Herangehensweise sowie ein rationales Abwägen der Vorteile und zu überkommender Hürden.

 

Die Möglichkeiten Anlagendaten per Internet an einen Datenserver zu übermitteln, bildet eine weitere interessante Entwicklungsperspektive. Die Laborsituation wird hierbei um vielfältige und reale Daten aus dem Feld ergänzt. Zudem erstrecken sich diese über den gesamten Lebenszyklus eines Produktes, um beispielsweise Materialverschleiß oder Kalkablagerungen zu reflektieren. Die Nutzenpotenziale für Qualitätssicherung, Kundenservice und Produktentwicklung sind hierbei mannigfaltig.

Mehr zur Heizungstechnik im Datenzeitalter finden Sie auch hier

Christian Zänker

Über den Autor

Christian Zänker ist seit den neunziger Jahren technischer Leiter bei SOREL und hat rund 20 Jahre Praxiserfahrung in der Entwicklung von Frischwassertechnik.

22. September 2021
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